Interpretationspapier
"Wesentliche Veränderung" neu gefasst
Das Interpretationspapier „Wesentliche
Veränderung von Maschinen“, ein wichtiges Arbeitsblatt,
herausgegeben vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales,
ist überarbeitet worden. Das aktuelle Dokument vom 09.04.2015
löst damit die alte Fassung vom 07.09.2000 ab. Die aktuelle
Fassung unterscheidet sich deutlich von der alten Fassung. Mehrere
Kriterien, anhand derer in der Vergangenheit eine nicht wesentliche
Änderung festgestellt werden konnte, sind entfallen. Damit
ist die aktuelle Fassung strenger geworden, was letztlich Anforderungen
an die Sicherheit von veränderten Maschinen erhöht.
Beweggründe für neue Fassung
Das neue Papier ist von einer Arbeitsgruppe unter der Federführung
des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) erarbeitet
worden, mit Beteiligung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz
und Arbeitsmedizin (BAuA), des Ministeriums für Umwelt, Klima
und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg. Grund hierfür
war, das Interpretationspapier an das neue Produktsicherheitsgesetz
(ProdSG) und die neuesten Erkenntnisse der Risikobeurteilung anzupassen.
Neues Flowchart
Für die Entscheidung, ob eine wesentliche
Veränderung vorliegt, leistet das im neuen Interpretationspapier
vorhandene Schaubild Hilfestellung. Das nachfolgende Schaubild ist
inhaltlich dem Originalschaubild entsprechend, wurde jedoch grafisch
umgestaltet:

Fallunterscheidungen
Originaltext aus dem Interpretationspapier:
„Jede Veränderung an einer Maschine, unabhängig
ob gebraucht oder neu, die den Schutz der Rechtsgüter des ProdSG
beeinträchtigen kann, z. B. durch Leistungserhöhungen,
Funktionsänderungen, Änderung der bestimmungsgemäßen
Verwendung (wie durch Änderung der Hilfs-, Betriebs- und Einsatzstoffe,
Umbau oder Änderungen der Sicherheitstechnik), ist zunächst
im Hinblick auf ihre sicherheitsrelevante Auswirkung zu untersuchen.
Dies bedeutet, es ist in jedem Einzelfall zu ermitteln, ob sich
durch die Veränderung der (gebrauchten) Maschine neue Gefährdungen
ergeben haben oder ob sich ein bereits vorhandenes Risiko erhöht
hat.
Hier kann man drei Fallgestaltungen unterscheiden:
1. Es liegt keine neue Gefährdung bzw. keine Erhöhung
eines vorhandenen Risikos vor, so dass die Maschine nach wie vor
als sicher angesehen werden kann.
2. Es liegt zwar eine neue Gefährdung bzw. eine Erhöhung
eines vorhandenen Risikos vor, die vorhandenen Schutzmaßnahmen
der Maschine vor der Veränderung sind aber hierfür weiterhin
ausreichend, so dass die Maschine nach wie vor als sicher angesehen
werden kann.
3. Es liegt eine neue Gefährdung bzw. eine Erhöhung eines
vorhandenen Risikos vor und die vorhandenen Schutzmaßnahmen
sind hierfür nicht ausreichend oder geeignet.
Bei veränderten Maschinen nach Fallgestaltung 1 oder 2 sind
zusätzliche Schutzmaßnahmen nicht erforderlich. Veränderte
Maschinen nach Fallgestaltung 3 sind dagegen durch eine Risikobeurteilung
systematisch hinsichtlich der Frage, ob eine wesentliche Veränderung
vorliegt, weiter zu untersuchen.
Dabei ist festzustellen, ob es möglich ist, die veränderte
Maschine mit einfachen Schutzeinrichtungen wieder in einen sicheren
Zustand zu bringen, wobei überprüft wird, ob die einfache
Schutzeinrichtung das Risiko eliminiert oder zumindest hinreichend
minimiert. Ist dies der Fall, kann die Veränderung in der Regel
als nicht wesentlich angesehen werden.
Unter einer einfachen Schutzeinrichtung im vorgenannten Sinne kann
z. B. eine feststehende trennende Schutzeinrichtung verstanden werden.
Als einfache Schutzeinrichtungen gelten auch bewegliche trennende
Schutzeinrichtungen und nicht trennende Schutzeinrichtungen, die
nicht erheblich in die bestehende
sicherheitstechnische Steuerung der Maschine eingreifen."
Konsequenz bei wesentlichen Veränderungen
Die wesentlich veränderte Maschine wird wie eine neue Maschine
behandelt. Das bedeutet, dass die Person, die für die wesentliche
Veränderung verantwortlich ist, zum Hersteller wird und damit
die Herstellerpflichten gemäß ProdSG und 9. ProdSV zu
erfüllen hat. Danach hat der Hersteller sicherzustellen, dass
die wesentlich veränderte Maschine den grundlegenden Sicherheits-
und Gesundheitsschutzanforderungen gemäß Anhang I der
Maschinenrichtlinie entspricht. Er führt für die wesentlich
veränderte Maschine das entsprechende Konformitätsbewertungsverfahren
durch und erstellt insbesondere die vorgeschriebenen technischen
Unterlagen, mit denen er die Durchführung des Konformitätsbewertungsverfahrens
nachweisen kann. Weiterhin stellt der Hersteller die Betriebsanleitung
zur Verfügung und versieht erforderlichenfalls die wesentlich
veränderte Maschine mit Warnhinweisen für die Restrisiken,
die aufgrund des Standes der Technik mit technischen Schutzmaßnahmen.
Das Interpretationspapier als Originaldokument können Sie
hier beziehen:
Interpretationspapier
Wesentliche Veränderungen von Maschinen 2015
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